Studio / Rehearsal Room | |||
Wo findet man mit lauter Musik eine Bleibe? Wohl immer nur am "Rand der Gesellschaft" Unser Proberaum stand am (ehemaligen) DB-Bahnhof Niederdielfen der Bahnlinie Siegen Gießen und war ursprünglich als Kohleschuppen gebaut worden. Hinter den 3 Flügeltüren befanden sich 3 durch Innenmauern abgetrennte Zonen, in denen Kohlen und anderes Schüttgut gelagert wurde. Vis-a-vis stand ein Wiegehaus nebst Fahrzeugwaage dort bekamen wir den Strom her, mussten die Leitung aber hoch genug über dem Fahrweg anbringen, damit keine LKWs damit kollidieren konnten. Die Innenmauern wurden entfernt und die Flügeltüren von innen zugemauert. In die linke und die rechte neue Außenwand bauten wir Stahltüren ein, beließen aber die 3 alten Flügeltüren ganz bewusst außen am Gebäude, damit niemand auf den Gedanken kommen konnte, dass da irgend etwas zu holen wäre Zuguterletzt wurde das Gebäude auch noch verputzt, damit möglichst wenig Schall nach außen dringen konnte. Den Innenraum teilten wir in drei Teile: Zwei Drittel wurden zum Proberaum und Lager der PA, ein Drittel wurde zum Regieraum, so richtig mit großem Fenster dazwischen und Dämmung und alles. Zwischen den beiden Räumen gab es eine Verbindungstüre. Eine Decke mussten wir natürlich auch einziehen, ebenso einen neuen Boden und auf der Rückseite des Gebäudes füllten wir die ehemaligen Ladeluken mit Glasbausteinen, um in den Räumen etwas Tageslicht zu haben. Ursprünglich befand sich direkt hinter dem Geläude ein Gleis. Man konnte die Ladung eines Waggons direkt in die entsprechenden "Abteile" des Schuppens abladen. Der Raum wurde nicht nur für Proben von Damaris Joy genutzt, sondern Ralf Freudenberg hat den Raum auch als Studio verwendet und über lange Jahre dort alle möglichen musikalischen Events aufgenommen (natürlich immer nur so lange, wie kein Zug vorbei fuhr ). Es gab noch einen weiteren Schuppen dieser Art direkt daneben, der als Garage genutzt wurde von einem Bewohner des Bahnhofs, der die Dinge immer im Auge behielt (er hatte seinen Bier-Vorrat in der "Garage" ). Der Proberaum war also mehr oder weniger "unter ständiger Beobachtung", was in dieser relativ abgeschiedenen Lage sehr von Vorteil war. Neben dem Wiegehaus hatten wir ja den Truck abgestellt. An beiden Seiten des Bahndamms grenzten zwar Wohngebiete an, aber was am Bahnhof geschah, bekam keiner unmittelbar mit. Linkerhand neben dem Fahrzeug auf dem Foto ganz oben kann man die Eingangstüre erkennen, die direkt in den Proberaum führte. Das war eine sehr praktische Angelegenheit, denn wenn wir spät in der Nacht von einem Konzert zurückkamen, konnten wir den Truck so rangieren, dass die Laderampe direkt hinter der Türe endete. In 10 Minuten war der Truck leer Genau diese Eingangstüre ist später sehr berühmt geworden. Sie ziert das Cover unserer LP/CD "Open Door". Das Foto machte Wolfram Heidenreich mitten im tiefsten Winter. Wir brauchten 3 Stunden, um den Weg von der dicken Eisdecke zu befreien. Dafür glänzte die Fläche vor der Eingangstüre dann aber richtig schön Foto zum Vergrößern Dasselbe Motiv bei Tageslicht : Nach dem Ende von Damaris Joy hat der Raum noch ein paar wenige Jahre musikalischen Dingen dienen können. Dann wurde der Bahnhof aufgegeben, der Weg eingezogen, das ganze Areal als Gewerbegebiet aufgeteilt und die Parzellen verkauft. Das Bahnhofsgebäude steht heute noch (es hält allerdings schon lange Zeit kein Zug mehr in Niederdielfen), die Schuppen und das Wiegehaus mussten Neubauten von Firmengebäuden weichen. Die Anbringung einer Gedenktafel an diesem Ort der Geschichte wäre zwar möglich, wird aber gewiss niemanden interessieren ;-) |
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