Damaris Joy live, 1981

Damaris Joy live

Auch vor 40 Jahren standen Bands vor der Frage, wie sie billig und schnell zu einer "Platte" kommen sollten (damals sprach man von SchallPLATTEN...!). Damals war es auch nicht einfacher als heute. Wie auch immer. Nach 5 Jahren gemeinsamer Arbeit waren wir der Meinung, dass Damaris Joy nun unbedingt auch in den Kreis der Erlauchten aufsteigen sollte und es höchste Zeit wurde, eine LP aufzunehmen. Aber es war schwierig, diese Überzeugung denjenigen zu vermitteln, die damals schon "geadelt" waren bzw. über die Möglichkeiten verfügten, uns zu unserem Glück zu verhelfen.

Wir machten uns also 1980 auf den Weg mit unserem Demo-Band, das wir auf einer 4-Spur-Bandmaschine in einem Siegener Kellerraum (dieser Raum war für nichts anderes mehr zu gebrauchen...) selbst produziert hatten. Mit stolz geschwellter Brust dackelten wir zu den Plattenfirmen - und kassierten einen Korb nach dem anderen... Schlussendlich konnten wir Mike Weller (seinerzeit Produzent bei LORD RECORDS, Schulte & Gerth) bewegen, uns nicht nur Gehör zu schenken sondern auch Geld "beim großen Chef" loszueisen.

Damals war diese Produktion für Mike Weller eigentlich "unter seiner Würde", denn man hatte ja Ambitionen und die Veröffentlichungen seinerzeit waren auch keineswegs von schlechten Eltern. Aber so dummdreist wie wir waren, meinten wir, unbedingt auch zu diesem Zirkel gehören zu müssen. Überzeugt von unseren Qualitäten schluckten wir dann auch die Kröte, dass die LP nur wenig Geld kosten durfte. Was macht man also - man nimmt einige Songs live auf und denkt, dass damit alles erledigt ist. Das Aufnehmen und das Abmischen war auch nicht so das Problem. Dirk Schmalenbach und sein "EDEN-Studio" folgten uns nach Kierspe und Hamburg, der Mix fand in Lüdenscheid statt.

Wir kamen uns bei den Aufnahmen im Oktober 1980 ziemlich wichtig vor und selbst wenn es nur Gemeindesäle waren, in denen die Konzerte stattfanden - am Ende stand dann die erste LP und wir konnten endlich damit beginnen, auf unseren Konzerten Platten zu verkaufen. Gelegentlich wurden wir später dann nach dem "komischen Cover" gefragt (sehr viel später gab es auch schon mal so leise Anfragen wie "warum war die erste LP eigentlich eine Live-LP?..."). Der Grund ist ganz einfach: auch das Cover ist "aus der Not entstanden". Seinerzeit waren Illustrationen die günstigste Art, Cover herzustellen. Das Budget gab es nicht her, ein "ordentliches Foto" zu machen. Und weil es live war und weil wir damals schon sehr viel unterwegs waren, hatten wir gedacht, sollten wir doch einfach mal unseren Truck irgendwie abbilden oder so da einbauen oder was.

Truck-Wechsel: alt und "neu"Der Truck (ein weißer Mercedes-Benz 808 mit Kastenaufbau, im Bild rechts als "neues" Fahrzeug zu sehen) hat also tatsächlich existiert - er war zwar nicht so schnittig wie auf der Illustration der LP, aber einige Zeit und viele Kilometer hat uns diese Uralt-Mühle doch ganz gute Dienste geleistet. Seinerzeit hatten wir auch noch einen FORD-Bus mit 9 Sitzen (von einer Bau-Firma gekauft), also einen richtigen Band-Bus mit Sitzen aus einem alten Reisebus. Und schon damals hatten wir eine eigene PA - und wurden manchmal auch genau deshalb eingeladen... In den Jahren 1979 und 1980 verstärkte sich die Konzerttätigkeit der Band, oder genauer gesagt: wir ließen die Jugendabende und Jugendtage hinter uns und begannen, verstärkt eigene Konzerte zu geben und auf Festivals zu spielen. Nach der Holland-Tournee im Jahre 1979 (die berühmt-berüchtigte "Koffiebar-Tour") ging Damaris Joy 1980 auf die erste "eigene" Deutschland-Tournee, zusammen mit dem damals sehr populären Liedermacher Rolf Sprave.

Und genau das war letztlich das "Erfolgsgeheimnis". Im Gegensatz zu anderen, deren Schallplattenproduktionen sicherlich weitaus besser waren als unsere "DJ live", waren wir eine Live-Band und spielten landauf und landab auf Konzerten und Festivals. Obwohl kein "Blue Rose-Interpret", waren wir die mit Abstand am meisten vermittelte Band von "Gospelcontact", einem "Blue Rose" angeschlossenen Konzertbüro, das seinerzeit von Antje Dücker (eine Siegenerin...) betreut wurde. Und die schickte uns damals mal auf die US-Airshow, mal zu einer Jugendwoche an die Zonengrenze, mal auf Festivals im dunkelsten Bayern oder schwäbelndsten Schwabenland oder zu Events im Ruhrpott. Wir waren flexibel genug, uns auf alle Situationen und Anforderungen einstellen zu können. Und es hat uns tierisch Spaß gemacht, die Heimat endlich weit zurück lassen zu können und auf eigene Faust "die Welt zu erobern". Antje Dücker war froh, den Veranstaltern eine so "pflegeleichte" Band wie Damaris Joy anbieten zu können - und nach der Veranstaltung dann auch immer (oder meistens) eine positive Rückmeldung des Veranstalters zu bekommen. So entstand über Jahre hinweg eine überaus erfolgreiche und erfreuliche Zusammenarbeit, von der beiden Seiten profitiert haben.

Eine weitere Person ist in diesem Zusammenhang zu nennen, die wesentlich dazu beigetragen hat, dass Damaris Joy über die Grenzen des Siegerlandes hinaus bekannt wurde: Dieter Weber, seinerzeit Bundessekretär des CVJM-Westbundes. Es gehörte zu seinem Job, Veranstaltungen für Jugendliche anzubieten. Dies waren seinerzeit in erster Linie Jugendwochen und Jugendtage, aber Jugendgottesdienste, Freizeiten und Schulungsmaßnahmen gehörten ebenso dazu. Sein "Revier" begann im Norden in Bad Bentheim und Nordhorn und reichte im Süden bis nach Nierstein am Rhein. Dieter Weber war froh, wenn er auf Damaris Joy zurückgreifen konnte, denn als Siegerländer und sogar als Nachbarn (er wohnte eine Straße höher...) konnten wir perfekt Hand-in-Hand arbeiten. Er profitierte von uns und wir von ihm - wir waren quasi ein "Dream Team". Viele der auswärtigen Termine in den ersten Jahren hatten in irgendeiner Form mit Dieter Weber zu tun. Dieter Weber war es auch, der Damaris Joy später den Weg für die erste Tournee in Finnland ebnete.

Schon in den ersten Jahren wurden so die Weichen gestellt für "das Phänomen Damaris Joy". Sich als "working band" in vielen ganz unterschiedlichen Situationen zu bewähren, seinen eigenen Weg kontinuierlich und unbeirrt zu gehen und zugleich mit beiden Füßen auf dem Boden zu bleiben - das war die Identität der Band, die sich in den späteren Jahren weiter ausgeprägen und profilieren konnte und die zum Vorbild für viele junge Musiker geworden ist. Nicht abzustreiten ist, dass natürlich auch ein Stück jugendliche Unbefangenheit, Verrücktheit und Borniertheit dazu gehörte, gegen alle Widerstände und widrigen Umstände in der Heimat "so schrecklich laute Musik" zu machen... Unsere Eltern haben uns immer unser "Sendungsbewusstsein" vorgeworfen, wenn die Wogen der Kritik mal wieder hochschwappten. Aber als echte Siegerländer ("Knutzköppe") hatten wir damit keine Probleme und verstanden uns immer als Bestandteil einer guten Tradition...

Deshalb erfüllte die erste LP von Anfang an perfekt ihren Zweck. Sie trug - spät, aber doch zum rechten Zeitpunkt - dazu bei, die Akzeptanz und die Bekanntheit nachhaltig zu festigen und den Weg für die erste "richtige" Studio-LP (Revive Us) zu ebnen. Die "DJ live" war musikalisch wahrlich kein überragendes Produkt. Trotzdem machte schon "DJ live" deutlich, dass Damaris Joy ein vielfältiges musikalisches Potenzial in sich barg.

Dies wurde später noch einmal unterstrichen durch ein Studio-Album, das als Auftragsproduktion für "Schulte & Gerth" aufgenommen wurde. "Melodies" hieß das Werk, eine rein instrumentale LP. Auch diese (inzwischen leider vergessene) LP ist ein Meilenstein auf dem Weg der Band.

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Live-Aufnahmen in Kierspe (10.10.1980) und Hamburg (11.10.1980)

Recordings + Mix: EDEN-Studios, Lüdenscheid (Dirk und Rainer Schmalenbach)

Produktion: Mike Weller

Besetzung:

Andreas Braach (vocals, trombone, congas)
Frieder Jost (vocals, electric guitars)
Helmut Jost (vocals, bass, flugelhorn)
Peter Mark Naujoks (vocals, acoustic & electric guitars)
Ute Naujoks (vocals, strings)
Hans-Martin Wahler (vocals, piano)
Karl-Friedrich Wahler (drums, organ)

Ralf Freudenberg (sound)
Martin Müller (crew)

© 1981, Lord Records, Verlag Schulte & Gerth, Asslar



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