Any Time MP3 | Originaltext



Any Time - Jede Zeit

1.
Ich rede so, wie ich mich fühle,
ich denke so, wie ich sehe.
Ich lebe für den heutigen Tag,
Zeit wird kommen, Zeit wird vergehen

Ich rieche immer noch den Geruch von Vergangenem,
lange schon her, aber niemals vorbei.
Wie kann ich für den heutigen Tag leben,
wenn ich ständig von der Vergangenheit umgeben bin?

Refrain:
Jede Zeit hinterlässt ihre Spuren
in unserem Leben, unseren Ansichten und unserem Glauben

2.
Wenn ich in der Bibel lese
aus der Sicht von heute,
dann kann ich sehen,
was vergangene Zeiten zwischen die Zeilen geschrieben haben

Und ich werde mich immer daran erinnern,
dass es eine sehr, sehr lange Zeit gedauert hat,
frei zu sein, meinen Weg zu finden,
mit der Quelle meines Lebens verbunden zu werden

Refrain:
Jede Zeit hinterlässt ihre Spuren
in meinem Leben, meinen Ansichten und meinem Glauben

Bridge:
Jede Zeit hinterlässt ihre Spuren

3.
Komm jetzt, lass mich in die Zukunft gehen,
in die Du mich führen wirst.
Lass uns ein paar neue Zeilen schreiben
in das Buch meines Lebens

Mit Dir an meiner Seite,
mit Dir, der am Ende auf mich wartet
weiß ich, dass mein Leben ein Bild
Deiner Liebe sein kann

Refrain:
Jesus, hinterlass Deine Spuren
in meinem Leben, in meinen Ansichten und meinem Glauben

--

1. Korintherbrief 13, 9-12

Denn unser Wissen und Reden erfasst von der Wahrheit nur
einen Teil. Damit ist es vorbei, wenn sich die ganze Wahrheit
zeigt. Als ich ein Kind war, redete, fühlte und dachte ich wie
ein Kind. Jetzt bin ich ein Mann und habe die kindlichen Vor-
stellungen abgelegt. Wir sehen jetzt nur ein Bild wie in einem
Spiegel und können es nicht deutlich erkennen. Dann aber
stehen wir Gott selbst gegenüber. Jetzt kennen wir ihn noch
nicht ganz. Dann aber werden wir ihn so kennen, wie er uns
jetzt schon kennt.

--

Über den Song:

Jedes Zeitalter hat sich sein eigenes Bild von Gott, Jesus
und dem Glauben gemacht. Wir kennen alle die berühmten
Gemälde - das Abendmahl, Jesus und die Kinder, der Gekreu-
zigte, die betenden Hände. Vor vierzig Jahren hat man Jesus
das Anlitz von Che Guervara verliehen, Mutter Theresa ist vor
zwanzig Jahren für viele zu einem Symbol für gelebten Glauben
geworden. Heute sind es die eloquenten Fernsehpfarrer, die
Glauben repräsentieren. Jede Zeit sucht und findet ihre eigene
Annäherung an das Thema Gott und Glauben - der große Re-
formator Dr. Martin Luther war nicht nur ein begabter Theologe,
sondern wusste den Zeitgeist außerordentlich kreativ und
kommunikativ perfekt für seine Anliegen zu nutzen.

Wie immer haben Dinge (mindestens) zwei Seiten. Eine positive,
und eine negative. Wenn wir nicht begreifen, dass Bilder und
Farben zeitgebunden sind und sich im Laufe der Zeit verändern,
dann stehen wir irgendwann vor einem Problem. Wenn uns ein
lieb gewordener Bibelvers völlig fremd vorkommt, wenn wir ihn
zufällig mal nicht in der 1957-er Luther-Übersetzung lesen, dann
stellt sich die Frage, was wir denn eigentlich glauben bzw. welche
Rolle zeitgebundene Einflüsse spielen. Das kann man in der zeit-
lichen Schiene sehen (in der gesellschaftlichen Situation im Mittel-
alter definierte man Glauben sicherlich ganz anders als im heu-
tigen digitalen Zeitalter), oder theologisch (ist Kindertaufe biblisch?)
oder persönlich (trinke ich noch "Milch" oder sollte ich endlich
"Schwarzbrot" essen?) - die Dinge vermischen sich zwangs-
läufig. Nicht zuletzt verändern wir uns als Menschen im Laufe
der Lebensjahre und unsere Umgebung bleibt auch keines-
wegs stehen.

"Any Time" soll anregen, dass man sich diesem Thema einmal
sehr bewusst stellt und für sich ganz persönlich herausfindet,
was im eigenen Glaubensleben zeit-, personen- oder umge-
bungsgebunden ist. Es kann sein, dass man dabei viel "Muff"
aus der Vergangenheit entdeckt - Dinge, die schon längst
hätten ausgemistet werden sollen und die, je länger je mehr,
zu einem Klotz am Bein werden. Es kann auch sein, dass die
persönliche "Emanzipation" schmerzhaft ist, denn wenn man
erkennt, wie krampfhaft man an lieb gewonnenen Äußerlich-
keiten hängt, die eigentlich nichts mit der Sache zu tun haben,
dann kann "Abspecken" gewaltig an die Substanz gehen.

Aber wir stehen da nicht alleine. Paulus beispielsweise
bezieht sich in der erwähnten Passage aus dem 1. Korinther-
brief auf diesen Prozess. Sein Bild vom Verhalten als Kind
und als Mann trifft genau auf den Punkt. Er sagt, dass er
verschiedene Dinge "abgelegt" hat und nun – als Mann –
seinen eigenen Weg geht und die Initiative in seinen eigenen
Händen hält. Er ist erwachsen geworden und gestaltet nun
seinen eigenen Weg mit Gott.

Darauf bezieht sich "Any Time" mit der Aussage, dass unser
Leben ein Bild der Liebe Gottes sein kann. Wenn die Handschrift
Gottes in unserem Leben, in unseren Ansichten und in unserem
Glauben ganz individuell und unverwechselbar sichtbar wird,
dann haben wir die Kindheit und die "Milch" hinter uns gelassen.
Und dann ist es gut, wenn wir frei vom Ballast der Vergangen-
heit ganz in unserer Zeit aufgehen können und Freiraum ge-
winnen, die Zukunft mitzugestalten.